Wie ihr wisst, ist mein fast 13 jähriger Sohn ja Autist. Und er hat die letzten Monate, wie fast alle Kinder, nur Distanzunterricht gehabt. Während sein Bruder das gehasst und seine Klassenkameraden vermisst hat, ist er in der Zeit total aufgeblüht. Das war für ihn tatsächlich wie emotionaler Urlaub. Er musste nicht zur Schule, musste sich nicht mit seinen Klassenkameraden auseinandersetzen und konnte die Aufgaben erledigen, wann er wollte. Er hat auch ohne Probleme selbständig gearbeitet und auch mehr gemacht, als er eigentlich sollte.
Er hat unglaublich viel an Information eingesaugt. Hat gelesen, Dokumentationen geschaut usw. Neulich durfte ich mir sämtliche Informationen über Flugzeuge, Panzer usw. aus dem zweiten Weltkrieg anhören. Und ich habe wirklich keine Ahnung, wie dieses Kind sich so unglaublich viele Details merken kann!
Aber nun gibt es Probleme, denn der Wechselunterricht läuft wieder. Er hat dadurch jede zweite Woche Schule nach Stundenplan. Und wir haben jeden Morgen die Situation, dass er sagt, er kann da nicht hingehen. In der ersten Woche hat er nur einen von 5 Tagen geschafft. An den anderen Tagen gab es Tränen, er hatte Bauchschmerzen, hat sich mehrfach übergeben usw.
Ich habe daraufhin mit seiner Ärztin gesprochen, und es hätte den Weg gegeben, ihn von der Präsenzpflicht bis zum Ende des Schuljahres befreien zu lassen. Wenn gewährleistet wäre, dass er dann weiter Distanzunterricht machen kann. Doch noch einem langen Telefonat mit seiner Klassenlehrerin kam raus, dass dies nicht möglich ist.
Die „Realschulwolke“, also die Cloud, wird jetzt nicht mehr benutzt. Die Lehrer geben in der jeweiligen Präsenzwoche Aufgaben auf für die danach folgende Distanzwoche. Keiner kann es leisten, extra für meinen Sohn die Aufgaben in die Wolke hochzuladen. Oder sie per Mail zu schocken.
Es bleibt also kein anderer Weg, als meinen Sohn zur Schule zu schicken. Gott sei Dank hat er grundsätzlich verständnisvolle Lehrer! Er durfte jetzt z.B. die Gruppe wechseln, so dass er zeitgleich mit seinem Bruder Schule hat und sie morgens zusammen hingehen können. Und durch den Wechsel hat er nächste Woche nur 2 Tage Schule und Freitag eine Klassenarbeit in Biologie, anstatt direkt 5 volle Tage.
Die Klassenlehrerin möchte, dass er versucht, zur Schule zu kommen, weil sie Sorge hat, dass sich sonst bei ihm immer mehr Angst aufbaut und er es noch den Ferien, wenn Schule wieder normal läuft, gar nicht mehr schafft hinzugehen und sich damit seine schulische Zukunft verbaut. Ich kann die Argumente absolut verstehen, habe aber deutlich gemacht, dass ich mein Kind nicht zur Schule zwingen werde, wenn er morgens Panik hat oder sich vor Angst übergeben muss.
Und wieder frage ich mich: Ich habe doch nicht das einzige Kind in diesem Land, dass Autist ist oder aus irgendeinem anderen Grund Angst hat, zur Schule zu gehen. Warum ist es in diesem Land nicht möglich, für diese Kinder eine Alternative zu schaffen? Warum gibt es reine Online Schule nur an Privatschulen mit immensen Kosten und ohne staatliche Zulassung? Warum ist Homeschooling verboten?
Ja, die Kinder sollen als Erwachsene ein Teil der Gesellschaft sein. Sie sollen sich einfügen. Sie sollen sich anpassen. Aber ich glaube nicht, dass man das durch Schulpflicht erzwingen kann. Entweder werden diese Kinder als Erwachsene in der Lage sein, selbständig zu leben und für sich zu sorgen. Oder sie werden es nicht. Aber ob der Zwang, sie zur Schule zu schocken, dieser Druck, das positiv beeinflusst? Ich bezweifle es!
Das tut mir sehr leid, weil dein Sohn darunter sehr zu leiden hat.
So vieles ist möglich, manchmal wird schier Unmgliches mglich gemacht, doch wenn es wirklich wichtig, wertvoll und notwendig wäre ist das Netz sehr engmaschig und die Menschen teilweise nicht bereit nach Lösungen zu suchen. Ich würde an deiner Stelle nicht aufgeben. Die Klassenlehrerin ist zwar deine 1.Ansprechpartnerin, doch ich würde mich noch nicht zufrieden geben. Schulleitung, Klassenelernvertreter, Elternverein, Bezirksschulinspektorat … bitte gib nicht auf. Ich wünsche nur das Beste. Lösungen und Wunder! Segen! M.M.
LikeGefällt 1 Person
Habt ihr mal darüber nachgedacht, ob deinem Sohn eine verständnisvolle Schulbegleitung helfen würde?
Ich glaube dieist bei Autismus grundsätzlich genehmigungsfähig
LikeGefällt 1 Person
Ja, das wäre eine Option. Aber mein Sohn möchte das nicht. Er hat Angst, dass er dann wieder gemobbt wird. Und das ist jetzt endlich weniger geworden!
LikeLike
Dass Problem ist ja, dass er von Mitschülern gemobbt wird. Warum sind die Lehrkräfte nicht fähig, den Schüler zu lehren, dass es Schüler gibt, die einfach anders ticken und trotzdem liebenswürdig sind? Da stimmt doch was nicht mit den Lehrkräften, die es nicht vermitteln können, dass Autisten eben ihre Eigenarten vertreten.
Sorry, aber mir wird schlecht, wenn ich an inkompetente Lehrer denke, die so ein einfaches Problem eines autistischen Kindes nicht lösen können durch ihre Intervention.
Ich sende dir Kraft und Zuversicht und trag dein Kind im Herzen ❤
LikeGefällt 1 Person
Danke, das berührt mich sehr!
LikeGefällt 1 Person
Hallo, ich kenne das Problem, mein Sohn ist auch Autist, jetzt in der 9. Klasse. Jetzt seine 3.Realschule. Onlineunterricht war super, tolle Noten. im neuen Schuljahr gleich am ersten Tag Probleme, verschärfter Verweis vom Direktor. Denn 31 Kinder in der Klasse, neue Lehrer, etc. Aber falls es wieder nicht mehr läuft und mein Sohn muss die Schule verlassen, möchte ich die Webindividualschule probieren, dort kann mann bis zum anerkannten Realschulabschluß „bleiben“. Sie haben bis zu 40 % Autisten…
LikeGefällt 1 Person
Bei mir genau das Gleiche. Ich habe meinen Sohn an der Web-Individualschule angemeldet, da er super Noten am Ende der 8. Klasse hatte (1,6 Durschnitt). Aber im Präsenzunterricht mit den ganzen Coronabestimmungen, Lehrermangel, mit 32 Kinder in der Klasse sehr problematisch.
LikeGefällt 1 Person
Oh, das klingt interessant. Magst du mal etwas mehr darüber erzählen?
LikeLike