Ein guter Gesellschaftsroman: „Die dritte Hälfte eines Lebens“ von Anna Herzig

Dieses dünne Buch hat mir wirklich gut gefallen, nachdem ich mich an den Schreibstil gewöhnt hatte.

Die Autorin schreibt schnörkellos, sehr geradlinig, ohne viel zu umschreiben. Aber dennoch versteht man direkt, was sie sagen will, da sie das Geschehen absolut auf den Punkt bringt, ohne es auszusprechen. Genau dadurch gelingt es ihr, die perfekte Atmosphäre für das Dorf zu erschaffen, in dem sie ihre Geschichte spielen lässt.

Sie übt Kritik an der Dorfgemeinschaft, ohne konkret jemanden zu kritisieren. Sie zeigt auf, was Vorurteile, hinter dem Rücken reden, Intoleranz und Rassismus anrichten können. Und dass es für wegschauen keine Entschuldigung gibt.

So erzählt sie die Geschichten mehrerer Personen, die in diesem Dorf leben bzw. Es nicht schaffen zu gehen. Diese Schicksale sind völlig verschieden, haben aber auch eine Menge gemeinsam.

Ich würde das Buch weiterempfehlen, kann mir aber vorstellen, dass der Schreibstil nicht jedem gefällt (vielleicht erstmal eine Leseprobe lesen).

Kurzbeschreibung: Krimmwing ist ein Dorf wie viele andere. Ein Dorf, das sehr genau beobachtet, bewertet und urteilt. Das aber auch gut ist im Wegsehen und Weghören. So haben es die schwer, die anders sind. Der Rathbauer etwa, der sich so gern schminkt allein vorm Spiegel. Der Steinlachner Seppi mit seiner dunklen Hautfarbe, zurückgelassen vom Vater, der kein Einheimischer war. Die junge Rosa, ledig und alleinerziehend. Oder die Liesl mit der körperlichen Auffälligkeit. Warum der Seppi letztlich mit einem Seil zum Apfelbaum auf den Kirschkernhügel gegangen ist, will im Nachhinein niemand geahnt haben. Doch Krimmwing ist auch ein Dorf, das nicht vergisst. Und als der Peter Dohringer nach vielen Jahren zurückkehrt, wird es unangenehm für einige in der Gemeinde.
Anna Herzig legt ein Romandebüt vor, das in eindrücklichen Szenen die Machtverhältnisse und Triebkräfte einer Dorfgesellschaft aufzeigt. Ihre scharfen Beobachtungen sind frei von Bewertung, sie stehen und wirken für sich. Nüchtern und schmucklos sind viele Sätze, die in ihrer Klarheit eine umso stärkere Wirkung entfalten.
„Die dritte Hälfte eines Lebens“ ist ein Plädoyer dafür, gesellschaftliche Normen neu zu denken. „Sich dem Leben entgegenzustemmen, das muss einem liegen, sagt der Dohringer und die Liesl lächelt.“

ISBN: 978-3-7013-1293-1

Seitenzahl: 140

Verlag: Otto Müller Verlag

Preis: 22,00 Euro

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