Ist Neid immer negativ?

Neulich habe ich bei Instagram einen Post zum Thema Neid gelesen. Dort wurde ganz deutlich gemacht, dass Neid ein durch und durch negatives Gefühl ist. Eine Charakterschwäche. Etwas, an dem man arbeiten muss. Und ich habe mich gefragt – ist das wirklich so?

Für mich sind Neid und Mißgunst zwei unterschiedliche Gefühle. Ich war schon oft neidisch in meinem Leben. Auf Mütter, die brave, gut erzogene, ruhige und angepasste Kinder haben z.B. Bis ich hinter die Kulissen geschaut habe und mir eingestanden habe, dass ich solche Kinder eigentlich gar nicht haben möchte. Schon als Kind fand ich die „schwierigen“ Kinder immer besser. Wer will schon einen Tommy oder eine Annika haben, wenn man auch Pipi Langstrumpf haben könnte? Oder Ida, wenn es da auch noch einen Michel gibt? Anscheined schlug mein Herz immer schon für „diese“ Kinder – da wundert es doch keinen mehr, dass ich meine Kinder geschenkt bekommen habe.

Manchmal bin ich neidisch auf Autorinnen, die ein Buch nach dem anderen schreiben und erfolgreich in Verlagen publizieren. Ich bin auch neidisch auf gesunde Frauen, die mit ihren Kindern alles machen können. Auf schlanke Frauen, die nie wegen ihres Gewichtes gehänselt wurden. Auf Menschen mit viel Geld, die nicht erst nachdenken müssen, ob das Geld reicht, wenn sie sich etwas kaufen wollen. Auf Menschen, die selbstbewusst sind, die Karriere machen usw.

Aber trotz dieses Neides bin ich kein schlechter Mensch. Denn mein Neid ist keine Mißgunst! Ich kann neidisch sein auf eine erfolgreiche Autorin und ihr den Erfolg dennoch aus vollem Herzen gönnen. Ich kann neidisch sein auf beliebte Menschen und es ihnen gönnen. Mißgunst ist kein Gefühl, dass ich oft verspüre -ich bin jemand, der sich von Herzen für und mit anderen Menschen freuen kann. Aber neidisch bin ich manchmal schon. Ich habe es aber bei mir selbst noch nie als negativ empfunden, denn ganz oft spornt Neid mich zu eigenen Leistungen an. Oder dazu, andere Wege zu suchen. Es wird also etwas Positives aus Neid – kann der Neid selbst dann ausschließlich negativ sein?

Was sagt ihr dazu? Wie empfindet ihr Neid? Schämt ihr euch vielleicht dafür, wenn ihr neidisch seid? Könnt ihr euch Neid eingestehen? Oder vor anderen dazu stehen? Oder versucht ihr es zu verstecken, wenn ihr neidisch seid?

14 Kommentare zu „Ist Neid immer negativ?

  1. Wahrscheinlich haben Sie recht. Das kann ein große Motivation sein, zum neu Idee finden .. neu Herausforderungen.. diese Tage habe ich ein Buch gelesen.. Vierzig Geheimnisse der Liebe bei Ellif Schafak. Ein Teil geht um ein Frau, Ella.. sie steht vor einer Debatte .. mit Selbst.. wie diese thema..

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  2. Niemand kann sich freisprechen und ich bin auch der Meinung, dass es nicht schlimm ist, neidisch auf andere zu sein, denen es in dem ein oder anderen Lebensbereich besser geht als einem selbst. Das ist völlig normal. Und nein, ich schäme mich nicht dafür, neidisch zu sein, auch wenn ich es der betroffenen Person nicht unbedingt zeigen würde. Man muss ja nicht allzeit alles offen aussprechen.

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  3. Ein sehr interessantes Thema! Neid nicht zulassen zu können und zu glauben, man müsse ihn wegtherapieren, finde ich etwas heuchlerisch. Es ist ein menschliches Gefühl, und es ist gewiss normal, sich mit anderen zu vergleichen, das tun bestimmt alle Menschen. Ich bin manchmal auch neidisch auf andere, aber ohne Hass, sondern mit Bedauern. So war ich während 14 Jahren nach meiner Scheidung neidisch auf glückliche Familien. Wie Du sagst, zeigt uns Neid ebenfalls, wovon wir träumen und wie wir es möglicherweise erreichen können. Das sollte uns aber nicht daran hindern, unsere eigenen Vorzüge zu erkennen und stolz auf sie zu sein – jene, um die unsere Freunde vielleicht uns beneiden. Liebe Grüsse, Elisa

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  4. Die Dosis macht das Gift. Neid ist ein ganz normales Gefühl, aber wenn Neid übersteigert auftritt, kann es bis zum Mord führen. Ich erinnere nur an das Märchen „Schneewittchen“ oder an Kriminalfilme und -romane. Eifersucht ist ja auch eine Art des Neides .. LG Sven

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  5. Glückwunsch noch einmal zur Veröffentlichung deiner Arbeiten! Wollte dir zum Neid-Thema antworten. Als ich noch im Berufsleben stand, empfand ich Neid auf Menschen, welche entweder finanziell oder im öffentlichen Auftreten erfolgreicher waren. Jedoch kam ich irgendwann mit diesem Gefühl nicht weiter, der Neid verstellte mir den Blick auf meine eigene Person. Allheilmittel: konzentrierte Selbstreflexion. Woraufhin ein Schub von persönlicher Entwicklung begann, welche ich im Neid-Gefühl niemals hätte verwirklichen können. Neid lenkt uns von uns selber ab.
    Neid kann Hemmnis und Ansporn zugleich sein. Neid ist in der Lage, uns mit vergifteten und bösen Phantasien über den Anderen zu füttern. Wir fühlen uns mitunter auch bedroht, wenn der Andere unsere Ziele schneller erreicht.
    Später konnte ich dann beginnen, fremde Erfolge von Herzen anzuerkennen, bis hin zur Freude für den Anderen. War aber ein längerer Weg.

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  6. Interessante Gedanken zum Thema Neid. Erst dachte ich auch, Neid ist doch negativ. Aber wenn man es so sieht stimmt es wirklich: Es kommt immer darauf an, was der Neid nach sich zieht, welche Gefühle er in einem wachsen lässt. Ist es den Ansporn, es auch zu probieren? Ist es Frustration, dass es einem nicht gelingt? Gönne ich dem anderen seinen Erfolg nicht? Oder macht er mich sogar wütend? – Auf mich? Auf den Erfolgreichen? Auf die, die ich für meinen Misserfolg verantwortlich mache? Ein wirklich spannendes Thema – danke für die Denk-Anregung. 🙂

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  7. Hallo
    das ist ein sehr großes Thema, der Neid. Auch kein einfaches Thema. Ich selbst habe bei mir -nicht gerade erfreut -wahr genommen, eine neidische Person zu sein. An mir selbst stört er mich. Nicht weil Neid im Allgemeinen sehr verpönt ist, sondern weil er mir nicht gut tut. Ich habe an mir fest gestellt, dass Neid sehr viel mit mir macht. Er lässt mich freudlos sein, bereitet mir auch Sorgen, weil ich nicht weiß, wie ich ihn los werden kann. Dabei möchte ich ihn ergründen. Wieso und weshalb bin ich neidisch …. dabei stelle ich fest, dass er viel mit (m)einem nicht vorhandenen Selbstwertgefühl zu tun hat. Auch dass ich mich in eine „Opferrolle“ begebe (schau, wie schlecht ich doch dran bin). … Es entsteht ein Kreislauf oder eine Spirale, die zu durchbrechen mein Ziel ist, denn ich fühle mich als „Neider“ nicht wohl.
    Andererseits ist er, wie einige vor mir schon beschrieben, Ansporn. Er treibt mich an, mich selbst zu reflektieren, mich zu hinterfragen.Auch mein Tun und Lassen anzuschauen und mich nach neuen (besseren?!) Optionen umzuschauen, mich zu verändern.

    Danke jedenfalls für die tollen und wertvollen Anregungen in deinem Beitrag und all den Kommentaren.
    liebe Grüße „smilane“

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