Ein feministischer Roman aus Japan: „Brüste und Eier“ von Mieko Kawakami

Dieses Buch macht natürlich erstmal über seinen markanten Titel auf sich aufmerksam. Und tatsächlich passt der Titel auch sehr gut, denn im Großen und Ganzen dreht sich in diesem Roman alles um Brüste und Eierstöcke.

Als Leser wird man in das moderne Japan entführt, die Protagonistin Natsuko erzählt aus ihrem Leben. Und aus dem Leben ihrer Schwester, einer alleinerziehenden Mutter, die als Hostess arbeitet und darauf fixiert ist, sich einer Brust OP zu unterziehen, um sich dem gängigen Schönheitsideal anzupassen. Darum dreht sich in ihrem Leben gerade alles – während die Beziehung zu ihrer 12 jährigen Tochter Midoriko von großer Distanz geprägt ist. Diese äußert sich auch darin, dass Midoriko nicht mehr mit ihr redet.

Während die Mutter sich mit ihren Brüsten beschäftigt, dreht sich Midorikos Leben und Gedanken gerade voll um die Pubertät und die Veränderungen ihres Körpers, mit denen sie noch nicht zurechtkommt. Da sie aber niemanden zum Reden hat, schreibt sie Tagebuch – so dass wir Leser ihre Gedanken und Gefühle erfahren können.

Im zweiten Teil des Buches geht es dann hauptsächlich um Natsuko selbst. Ende 30, kinderlos und unsicher über ihre Rolle in der Gesellschaft. Sie beschäftigt sich intensiv mit dem Thema künstliche Befruchtung und verschafft uns Lesern damit einen intensiven Einblick in die japanische Gesellschaft.

Während ich die Geschichten von Natsuko und ihrer Familie alleine eher langweilig gefunden hätte, hat die Autorin es durch diese Frauen geschafft, ein sehr klares Bild der Frau in der modernen japanischen Gesellschaft zu zeichnen. Sehr detailliert und anschaulich erweckt sie die für mich fremde Kultur zum Leben. Und dieses Leseerlebnis fand ich wirklich gut.

Der Schreibstil der Autorin gefällt mir auch sehr. Er ist schnörkellos, auf den Punkt gebracht und ehrlich. Und während sie über Themen schreibt, über die man in Japan eher nicht spricht, bringt sie sie genau auf den Punkt. Das hat mich wirklich beeindruckt.
Ich denke, den Namen Mieko Kawakami sollte man sich merken.

Kurzbeschreibung: An einem drückend heißen Sommertag wird die dreißigjährige Natsuko von ihrer älteren Schwester Makiko und deren Tochter Midoriko in Tokio besucht. Makiko, die mit zunehmendem Alter mit ihrem sich verändernden Körper nicht zurechtkommt, ist davon besessen, sich einer Brustvergrößerung zu unterziehen. Währenddessen ist ihre zwölfjährige Tochter Midoriko von der einsetzenden Pubertät überfordert und sieht sich außerstande, in einer Gesellschaft, die alles Intime und Körperliche tabuisiert, ihre Ängste, Bedürfnisse und Fragen offen zu kommunizieren. Und auch die asexuelle Natsuko hadert mit der Frage, welche Rolle noch bleibt – als unverheiratete Frau, die nicht mehr Tochter ist und vielleicht nie Mutter sein wird.
Rasant und radikal widmet sich Mieko Kawakami der Diskriminierung von Frauen und damit einhergehenden Fragen nach sozialem Geschlecht, Schönheitsnormen sowie dem Alterungsprozess des weiblichen Körpers – und wagt es zu fragen, welchen Wert Frauen in der Gesellschaft haben, wenn sie sich all diesen Erwartungen widersetzen.

ISBN: 978-3-8321-8373-8

Seitenzahl: 496

Verlag: DUMONT

Preis: 24,00 Euro

4 Kommentare zu „Ein feministischer Roman aus Japan: „Brüste und Eier“ von Mieko Kawakami

  1. Ich denke so Bücher tragen viel zum Verständnis der Rolle der Frau im Allgemeinen und im speziellen Fall bei. Verstehen ist das Zauberwort. Zum Verstehen muss man wissen. Schön, dass es in Japan möglich ist, dass Frauen weitgehend selbstbestimmt leben und auch als Künstler tätig sein dürfen.

    Ich wünsch dir alles Gute und Liebe zum Muttertag ❤

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